Gemeinsame Schulden bei Scheidung — was nun?

Erhalten Sie alle wichtigen Informationen zum Thema "gemeinsame Schulden". Lowell erklärt, was mit gemeinsamen Schulden bei Trennung oder Scheidung passiert.

Eine Scheidung ist für viele Paare mit großen emotionalen und finanziellen Herausforderungen verbunden. Insbesondere wenn noch gemeinsame Schulden bestehen, tauchen häufig Fragen und Unsicherheiten auf: Wer haftet wofür? Wie werden die Schulden aufgeteilt? Was ist bei Immobilienkrediten zu beachten? 

Unser Artikel gibt einen umfassenden Überblick zu den wichtigsten Aspekten rund um das Thema gemeinsame Schulden bei einer Scheidung in Deutschland.

Schulden in der Ehe — wer haftet für was? 

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, wie die gesetzlichen Regelungen zur Haftung für Schulden in der Ehe grundsätzlich funktionieren:

  1. Gemeinsame Schulden sind ausschließlich solche Verbindlichkeiten, die beide Ehepartner während der Ehezeit gemeinsam eingegangen sind
  2. Jeder Ehepartner haftet im Prinzip nur für seine eigenen Schulden. Eine automatische gemeinsame Haftung für die Schulden des Partners entsteht durch die Ehe nicht.

Diese Regel gilt insbesondere im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, in dem die meisten Ehepaare in Deutschland leben. Hier behält jeder Partner sein eigenes Vermögen getrennt, sprich:

  • Jeder Ehepartner haftet grundsätzlich nur für seine eigenen Schulden.
  • Das Vermögen bleibt während der Ehe getrennt.
  • Gemeinsame Schulden werden im Rahmen des Zugewinnausgleichs bei der Scheidung berücksichtigt.

Besonderheiten gelten bei:

  • Schulden, die ein Partner für den täglichen Lebensbedarf der Familie macht. Hier können beide Eheleute haften.
  • Bei einem gemeinsamen Konto haften in der Regel beide Partner für Überziehungen, auch wenn nur einer das Konto überzogen hat.

Grundsätzlich ist es also wichtig zu unterscheiden zwischen eigenen Schulden eines Partners und echten gemeinsamen Schulden, für die beide Eheleute die Verantwortung tragen. Auf letztere gehen wir nun detaillierter ein.

Gemeinsame Schulden und ihre Aufteilung

Anders als bei Einzelschulden eines Partners verhält es sich bei Krediten, Verträgen und anderen Verpflichtungen, die von beiden Eheleuten gemeinsam eingegangen wurden. Hier kommen einige Besonderheiten zum Tragen:

  • Für solche gemeinsamen Schulden haften die Ehepartner als Gesamtschuldner. Das bedeutet, der Gläubiger kann die gesamte Summe von jedem der Partner einfordern.
  • Zwischen den Eheleuten gilt jedoch die interne Vereinbarung, dass sie im Innenverhältnis je zur Hälfte für die gemeinsamen Schulden einstehen.
  • Bei einer Scheidung werden diese gemeinsamen Schulden daher im Zugewinnausgleich berücksichtigt und prinzipiell hälftig auf die Ehepartner aufgeteilt.
  • Hat ein Partner bereits einen Teil oder sogar die gesamten gemeinsamen Schulden beglichen, kann er vom anderen den fehlenden Teil zurückfordern.

Die Aufteilung der gemeinsamen Schulden bei einer Scheidung gestaltet sich also wie folgt:

  1. Es wird die Gesamtsumme der gemeinsamen Schulden ermittelt
  2. Jeder Partner muss gemäß der internen 50:50-Vereinbarung die Hälfte tragen bzw. in einem Verhältnis, das im Rahmen des Zugewinnausgleichs in der Scheidung vereinbart wird.
  3. Soweit ein Partner bereits mehr als die Hälfte beglichen hat, muss der andere einen Ausgleich zahlen

Durch dieses Vorgehen werden die gemeinsamen Schulden fair zwischen den Ex-Partnern aufgeteilt — es gilt aber auch hier eine individuelle Vereinbarung im Scheidungsverfahren, die von einer 50:50-Vereinbarung abweichen kann. 

Besonderheiten bei Immobilienkrediten

Eine Sonderstellung nehmen gemeinsame Kredite ein, die für den Kauf einer Immobilie aufgenommen wurden. Hier gibt es verschiedene Optionen bei einer Scheidung:

  • Der Partner, der in der Immobilie wohnen bleibt, kann den Kredit allein weiterführen. Dazu kann die finanzierende Bank ggf. der Haftungsentlassung des ausziehenden Partners zustimmen. Sie muss dies aber nicht.
  • Der Kredit wird vorzeitig aufgelöst und zur Abdeckung der Restschuld ein neuer Kredit aufgenommen.
  • Haus oder Wohnung werden verkauft, im günstigsten Fall kann der Kredit damit komplett getilgt und das verbleibende Geld aufgeteilt werden.
  • Statt einer Kreditablösung kann auch ein Pfandtausch vereinbart werden: Der Kredit wird dann auf eine andere Immobilie des verbleibenden Partners übertragen.

Welche Lösung gewählt wird, hängt von den individuellen Umständen des Paares ab. Wichtig ist, auch hier eine faire und einvernehmliche Regelung zu finden, mit der beide Partner gut leben können.

Wichtige Hinweise zu Gemeinsamen Schulden bei einer Trennung

Abschließend noch ein paar wichtige Hinweise, die bei der Auseinandersetzung mit gemeinsamen Schulden bei einer Scheidung zu beachten sind:

  • Ein Partner muss grundsätzlich nicht die alleinigen Schulden des anderen übernehmen. Für Einzelschulden haftet jeder selbst.
  • Eine Übernahme oder Umschreibung von Krediten auf einen Partner ist nur mit Zustimmung der Bank möglich. Diese prüft in der Regel die Bonität des künftigen alleinigen Schuldners.
  • Auch nach der Trennung können Schuldzahlungen bei der Berechnung von Unterhaltsforderungen berücksichtigt werden.
  • Bei größeren Vermögenswerten kann ein Ehevertrag mit Gütertrennung sinnvoll sein, um eigene Schulden klar von denen des Partners zu trennen.
  • In komplexen Situationen mit vielen ungeklärten Fragen ist es ratsam, rechtliche Beratung durch einen Anwalt in Anspruch zu nehmen.

Fiktives Fallbeispiel — Aufteilung der gemeinsamen Schulden nach Scheidung

Um die Schuldenaufteilung bei einer Scheidung noch anschaulicher zu machen, hier ein vereinfachtes, fiktives Rechenbeispiel (in der Realität ist es komplexer und kommt auf die individuelle Situation an  — der Zugewinnausgleich muss individuell ermittelt werden. Die endgültige Regelung muss im Scheidungsvergleich festgehalten werden).

Anna und Ben trennen sich nach 10 Jahren Ehe. Sie haben gemeinsam folgende Schulden:

  • Restschuld Immobilienkredit: 60.000 €
  • Wert der Immobilie: 200.000 €
  • Immobilienvermögen: 140.000 €

Die Schuldenverteilung erfolgt im Rahmen des Zugewinnausgleichs 

  • Die Schulden wurden während der Ehe gemeinsam aufgenommen.
  • Beide Partner bleiben im Außenverhältnis gegenüber der Bank für den gesamten Kredit haftbar
  • Die bisherigen Zahlungen (Anna 35.000 €, Ben 10.000 €) werden beim Zugewinnausgleich berücksichtigt

Voraussetzungen:

  • Zustimmung der Bank zur Kreditübernahme durch Ben.
  • Prüfung von Bens Bonität.
  • Die Ausgleichszahlung an Anna muss im Scheidungsvergleich geregelt werden.

Berechnungen:

Bisher hat Anna bereits 35.000 € und Ben 10.000 € der gemeinsamen Schulden zurückgezahlt. Ben bleibt in der Immobilie wohnen und übernimmt den Kredit, Anna zahlt Ben eine Ausgleichssumme. Die Berechnung gestaltet sich wie folgt:

Gesamtsumme der gemeinsamen Schulden: 60.000 € 

Theoretischer 50%-Anteil pro Partner: 50% von 60.000 € = 30.000 €

Anna hat bereits 35.000 € beglichen, Ben 10.000 €

Ausgleich:

  • Die Differenz zwischen Annas und Bens bisherigen Zahlungen beträgt 25.000 € (35.000 € - 10.000 €)
    • Um einen Ausgleich zu schaffen, muss Ben die Hälfte dieser Differenz an Anna zahlen: 25.000 € ÷ 2 = 12.500 €
    • Da Ben in der Immobilie wohnen bleibt und den Immobilienkredit übernimmt, muss er Anna zusätzlich für ihren Anteil an der Immobilie entschädigen:
    • Annas Anteil an der Immobilie: 50% von 60.000 € (Restschuld Immobilienkredit) = 30.000 €

Gesamtausgleichszahlung von Ben an Anna:

Da Ben in der Immobilie wohnen bleibt, muss er Anna zusätzlich für ihren Anteil am Immobilienvermögen entschädigen:

  • Annas Anteil am Immobilienvermögen: 70.000 € (50% von 140.000 €)
  • 12.500 € (Ausgleich der bisherigen Zahlungen) + 70.000 € (Annas Anteil am Immobilienvermögen) = 82.500 €

Durch dieses Vorgehen werden sowohl die gemeinsamen Schulden als auch die gemeinsame Immobilie fair zwischen Anna und Ben aufgeteilt. In einem Scheidungsvergleich könnte diese Lösung genau so festgehalten werden. 

Fazit

Die Aufteilung von gemeinsamen Schulden bei Scheidung stellt Paare häufig vor große Herausforderungen — eine frühzeitige rechtliche Beratung ist daher jedenfalls empfehlenswert. 

Durch Kenntnis der gesetzlichen Regelungen, offene Kommunikation und ein faires Miteinander lassen sich aber in der Regel gute Lösungen finden. Dabei kommt es darauf an, die Lasten zwischen den Ex-Partnern so aufzuteilen, dass keiner benachteiligt wird und beide einen neuen Start ins Leben machen können.

Mit Hilfe von Experten können auch komplexere Situationen gut bewältigt werden. Die wichtigste Basis ist jedoch, die emotional aufgeladene Situation nicht zu Konflikten ausarten zu lassen, sondern weiterhin respektvoll miteinander umzugehen.

Haben Sie Fragen zu einem Brief, den Sie von uns erhalten haben oder zu Ihren Schulden? Treten Sie mit uns in Kontakt oder informieren Sie sich in unseren Leitfäden zum Schuldenmanagement. Wir finden gemeinsam eine gute Lösung in Ihrem Sinne.