Erfahren Sie hier mehr über den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan. Lesen Sie im Lowell Blog mehr über diese Alternative zur Privatinsolvenz.
Es ist eine Situation, in der sich niemand gerne wiederfindet: Der Schuldenberg ist einem über den Kopf gewachsen und man muss nach einer Lösung suchen, die einem eine Perspektive in ein schuldenfreies Leben ermöglicht.
Eine Privatinsolvenz ist nicht die einzige Lösung: In Deutschland besteht vor der Beantragung der Privatinsolvenz verpflichtend die Möglichkeit einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung.
Sie ermöglicht überschuldeten Personen, ihre finanzielle Lage ohne langwierige Gerichtsverfahren - und die damit verbundenen Gerichts- und Verfahrenskosten - zu regeln und ist daher eine populäre Alternative zur.
Wir zeigen Ihnen die wichtigsten Fragen und Antworten rund um das Thema außergerichtliche Schuldenregulierung und geben Ihnen Tipps, wie Sie auch trotz dieser Herausforderung bald das Licht am Ende des Tunnels sehen können.
Was ist eine außergerichtliche Schuldenregulierung?
Bei einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung versuchen Schuldner und Gläubiger gemeinsam, eine Einigung über die Rückzahlung der Schulden zu erzielen. Dies geschieht durch außergerichtliche Verhandlungen zwischen dem Schuldner bzw. einem Vertreter, wie z. B. einem Anwalt oder einer Schuldnerberatungsstelle, und den einzelnen Gläubigern.
Das Ziel besteht darin, eine Lösung zu finden, die für alle Seiten akzeptabel ist und ohne dass ein gerichtliches Insolvenzverfahren erforderlich wird.
Dazu könnten beispielsweise Forderungsverzichte, Stundungen oder Ratenzahlungsvereinbarungen gehören. Ziel ist, dass alle beteiligten Gläubiger der außergerichtlichen Schuldenbereinigung zustimmen.
Die Vorgehensweise bei einer außergerichtlichen Schuldenregulierung
Der umfassende Prozess einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung verläuft in mehreren Etappen und orientiert sich im Groben an dem folgenden Ablauf:
- Ermittlung und Auflistung aller Gläubiger und Schulden: Als ersten Schritt müssen Sie gegebenenfalls mithilfe eines Schuldnerberaters eine Übersicht über sämtliche Gläubiger und die jeweiligen Forderungen erstellen.
- Finanzielle Analyse: Anschließend analysieren Sie Ihre Einnahmen, Ausgaben und Vermögenswerte, um Ihre finanzielle Situation besser zu verstehen und Transparenz zu schaffen. Diese Analyse bildet in der Regel die Grundlage für die Verhandlungen mit den Gläubigern.
- Erstellung eines Schuldenbereinigungsplans: Basierend auf der Analyse wird ein schriftlicher Schuldenbereinigungsplan mit einem Angebot zur Schuldentilgung ausgearbeitet, der als Verhandlungsbasis mit den Gläubigern dient.
- Kontaktaufnahme mit allen Gläubigern: Nun können Sie bzw. Ihr Vertreter Kontakt zu allen Gläubigern aufnehmen und den Schuldenbereinigungsplan präsentieren.
- Verhandlungen und Einigung: In individuellen Verhandlungen wird nun versucht, eine Einigung über den Schuldenbereinigungsplan mit den Gläubigern zu erzielen. Dies kann mehrere Anläufe und Gespräche erfordern.
- Umsetzung der Vereinbarung: Nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen wird die schriftliche Einigung mit den Gläubigern umgesetzt, z. B. durch Vereinbarung einer Schuldenreduktion und Ratenzahlungen.
- Oder: Scheitern und Bescheinigung: Sollte keine Einigung erzielt werden, wird eine Bescheinigung über das Scheitern durch den Rechtsanwalt, die Schuldnerberatung oder eine geeignete Stelle im Sinn des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO erstellt. Diese ist Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.
Erforderliche Bedingungen für eine außergerichtliche Regelung von Schulden
Damit eine außergerichtliche Schuldenbereinigung infrage kommt, müssen einige grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Zahlungsunfähigkeit: Sie sollten nachweisen können, dass Sie tatsächlich nicht in der Lage sind, Ihre Schulden in vollem Umfang zurückzuzahlen, also zumindest drohend zahlungsunfähig sind.
- Keine Insolvenzantragspflicht: Sie dürfen keiner gesetzlichen Insolvenzantragspflicht unterliegen, die ein außergerichtliches Verfahren ausschließt.
- Aussicht auf Erfolg: Es muss eine realistische Chance für eine erfolgreiche Einigung mit den Gläubigern bestehen.
Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann eine außergerichtliche Schuldenbereinigung als sinnvolle Alternative in Betracht gezogen werden.
Der Schuldenbereinigungsplan
Das Herzstück der außergerichtlichen Schuldenbereinigung ist der Schuldenbereinigungsplan. In diesem werden Ihre finanzielle Situation und das konkrete Angebot zur Schuldentilgung dargelegt. Der Plan sollte detailliert sein und in der Regel folgende Punkte umfassen:
- Persönliche Angaben
- Auflistung aller Einnahmen und Ausgaben
- Auflistung Ihres (pfändbaren) Einkommens
- Angaben zu bestehenden Unterhaltspflichten (Ehegatte, Kinder)
- Aufstellung aller Ihrer Vermögenswerte und Schulden
- Berechnung einer monatlich leistbaren Rückzahlungsrate
- Angebot zur Schuldentilgung, z. B. Teilverzicht und/oder Ratenzahlungen; Angebot Einmalzahlung durch dritte Person o.ä.
- Gegebenenfalls Aufforderung zur Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
- Eine Aufforderung an die Gläubiger, sich zum Angebot innerhalb einer gesetzten Frist zu äußern
Der Plan sollte realistisch und detailliert sein, um die Gläubiger zu überzeugen — Sie können dabei Unterstützung von Schuldnerberatungsstellen und Rechtsanwälten in Anspruch nehmen.
Vorteile und Möglichkeiten bei der außergerichtlichen Regulierung von Schulden
Außergerichtliche Schuldenregulierung bietet diverse Möglichkeiten und Vorteile im Vergleich zum Insolvenzantrag:
- Schnelligkeit: Die Einigung kann unter Umständen innerhalb weniger Wochen erzielt werden, ein Insolvenzverfahren dauert regelmäßig nach Eröffnung des Verfahrens 3 Jahre.
- Kostenersparnis: Die außergerichtliche Bereinigung ist mit weniger Kosten verbunden als eine Privatinsolvenz.
- Schutz der Privatsphäre: Die finanzielle Situation bleibt vertraulich, da keine Veröffentlichung Ihrer Insolvenz unter insolvenzbekanntmachungen.de erfolgt.
- Vermeidung einer Privatinsolvenz: Bei einer erfolgreichen Einigung kann ein Privatinsolvenzverfahren abgewendet werden.
Gefahren und Nachteile der außergerichtlichen Schuldenregelung
Eine außergerichtliche Schuldenregulierung kann auch Risiken und Nachteile mit sich bringen:
- Die Einwilligung aller Gläubiger ist erforderlich: Wenn auch nur ein Gläubiger abgelehnt, kann der gesamte Prozess ins Stocken geraten, weil so eine Gesamtregulierung aller Schulden erschwert oder verhindert werden kann.
- Keine Restschuldbefreiung im klassischen Sinn: Es besteht keine Garantie auf vollständige Entschuldung. Die ursprünglichen Schulden bleiben rechtlich weiterhin bestehen. Die Gläubiger müssen aktiv den Verzicht gegenüber dem Schuldner erklären und entwertete Titel aushändigen, damit Forderungen nicht mehr durchgesetzt werden können.
- Risiko der Zahlungsunfähigkeit: Durch unvorhergesehene Ereignisse wie Arbeitslosigkeit o.ä. kann die vereinbarte Schuldentilgung scheitern, so dass eine erneute Zahlungsunfähigkeit droht.
- Druck durch Gläubiger: Gläubiger können während der Verhandlungen schwierig sein und den Schuldner unter Druck setzen.
- Aufwand: Der Schuldner muss aktiv mitwirken und umfangreiche Unterlagen erstellen, wobei aber eine Schuldnerberatung oder Rechtsanwalt behilflich sein kann. Der Gesamtprozess kann sehr zeitintensiv sein.
Sie sollten sich jedenfalls dieser Risiken bewusst sein, bevor Sie sich für eine außergerichtliche Schuldenbereinigung entscheiden.
Fiktives, vereinfachtes Fallbeispiel: Erfolgreiche außergerichtliche Schuldenbereinigung
Herr Kos hat Schulden von insgesamt 55.000 Euro bei sieben verschiedenen Gläubigern. Seit zwei Monaten ist er nicht mehr in der Lage, die Ratenzahlungen zu leisten. Er vereinbart einen Termin bei einer Schuldnerberatung.
Mit Unterstützung der Beratungsstelle erstellt Herr Kos eine genaue Gläubigerübersicht sowie eine Aufstellung seiner Einnahmen, Ausgaben und Vermögenswerte. Dabei wird deutlich, dass er über ein pfändbares Einkommen von 1.500 Euro verfügt.
Anschließend erarbeitet Herr Kos nach Empfehlung der Schuldnerberatung einen umfangreichen Schuldenbereinigungsplan. Dieser sieht eine monatliche Ratenzahlung von 500 Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren vor. Zudem bittet Herr Kos die Gläubiger um einen Schuldenerlass von 40 Prozent.
Berechnung des Schuldenerlasses:
55.000 Euro * 40% = 22.000 Euro
Verbleibende Schulden nach Schuldenerlass:
55.000 Euro - 22.000 Euro = 33.000 Euro
Berechnung der Gesamtzahlungen über fünf Jahre:
500 Euro * 12 Monate * 5 Jahre = 30.000 Euro
Die Schuldnerberatung übernimmt die Kontaktaufnahme mit den Gläubigern und führt die Verhandlungen auf Basis des Schuldenbereinigungsplans. Nach zwei Monaten stimmen alle Gläubiger dem vorgeschlagenen Vorgehen zu. Die Vereinbarungen werden schriftlich festgehalten.
Durch den Teilverzicht von 22.000 Euro und die Ratenzahlungen von 30.000 Euro über fünf Jahre kann Herr Kos seine Schulden von 55.000 Euro auf 3.000 Euro reduzieren und sich ohne Insolvenzverfahren entschulden.
Die Gesamtschulden von 55.000 Euro wurden durch den Schuldenerlass von 40% (22.000 Euro) und die Ratenzahlungen über fünf Jahre (30.000 Euro) auf 3.000 Euro reduziert, die er nun im letzten Jahr noch über 6 Monate abträgt.
Außergerichtliche Schuldenbereinigung: Passt das auch für meine Situation?
Viele überschuldete Personen fragen sich, ob eine außergerichtliche Schuldenbereinigung auch in ihrer spezifischen Situation sinnvoll und erfolgversprechend ist.
Hier einige allgemeine Anhaltspunkte:
- Liegen die Schulden in einem niedrigen Bereich, stehen die Chancen auf eine außergerichtliche Einigung in der Regel gut.
- Spielt neben Bankschulden die Abzahlung von Konsumentenkrediten eine wichtige Rolle, sind Gläubiger in der Regel gesprächsbereit.
- Bei vielen kleineren Gläubigern lässt sich oft auch eine mehrheitliche Einigung finden — nicht nur bei wenigen Großgläubigern.
- Können Sie eine realistische Zahlungsbereitschaft über einen längeren Zeitraum nachweisen, sind Gläubiger oft kooperationsbereiter.
Fazit — Wann lohnt sich eine außergerichtliche Schuldenbereinigung?
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine außergerichtliche Schuldenbereinigung in vielen Fällen eine sinnvolle Alternative zur Privatinsolvenz darstellt. Die Chancen auf eine erfolgreiche Einigung stehen gut, wenn folgende Aspekte gegeben sind:
- Es liegt aktuell noch keine akute Insolvenzantragspflicht vor.
- Sie sind in der Lage, einen substantiierten und realistischen Schuldenbereinigungsplan zu erstellen.
- Ihre Gläubiger sind potenziell zu einer außergerichtlichen Einigung bereit.
- Sie können aufgrund ihres Einkommens eine Tilgung der Schulden in einem überschaubaren Zeitraum ermöglichen oder
- Es können durch Vermögenswerte oder von Dritten Mittel zur Schuldentilgung akquiriert werden.
Idealerweise sollten Sie zudem immer eine kompetente Schuldnerberatung oder einen Rechtsanwalt hinzuziehen, die bei der Verhandlung mit den Gläubigern unterstützen.
Jeder Schuldner hat seine individuellen Rahmenbedingungen. Lowell unterstützt Sie bei jedem Schritt mit hilfreichen Informationen und Ressourcen in unserem Lowell Leitfäden zum Schuldenmanagement-Blog.